Gegen die Fremdbestimmung des Arztberufes

DGU-Präsident Oliver Hakenberg. foto: Solcher/DGU

Prof. Oliver Hakenberg, langjähriger Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU), stellt als Präsident bei „seinem“ Kongress in Hamburg (Motto: “Mensch Maschine Medizin Wirtschaft”) die Frage, wie viel vom Arztberuf inmitten der Verstrickung in Ökonomie und Digitalisierung noch übrig bleibt.

Hakenberg stimmt in seinem Grußwort zum Kongress düstere Töne an und formuliert ein „Gefühl der Entfremdung: Das Bild vom Arztberuf, mit dem man einst angetreten war, hat sich ganz wesentlich verändert; die Selbstbestimmung ist der Fremdbestimmung weitgehend gewichen“. Schuld daran sind zu großen Teilen die „stetig zunehmende Bürokratisierung, die Arbeitsverdichtung, steigende Anforderungen an Dokumentation, Qualitätssicherung, Zertifizierung und Rezertifizierung, an die Qualifikation und deren Nach­weise“.

Besonders die Arbeitsverdichtung ist der weit fortgeschrittenen Ökonomisierung des Medizinbetriebes geschuldet. „Wenn Sie das Ganze vom Krankenhausträger, von der Verwaltung aus betrachten, dann hat die Wirtschaft mindestens den gleichen Stellwert wie der Patient“, sagt Hakenberg im Interview mit den Urologischen Nachrichten. „Es geht überall um Kostendruck, dass gespart werden soll, dass auf keinen Fall Leistungen eingeschränkt werden sollen – oder man soll die Leistungen steigern, aber mit dem gleichen Personal, und es darf um Gottes Willen nicht wesentlich mehr kosten.“ Damit knüpft Hakenberg an Prof. Kurt Miller an, der vor drei Jahren in Leipzig den Ökonomismus und seine Auswirkungen ebenfalls heftig kritisierte.

Die mit titelgebende „Maschine“ steht für Hakenberg zwar für einen „Faktor, der Fortschritt darstellt“ – so stellt für ihn die roboterassistierte Chirurgie „wahrscheinlich ein Fortschritt für die Patienten“ dar –, doch der DGU-Präsident macht ebenfalls deutlich, dass damit hohe Kosten verbunden sind, die letztlich im „medizinisch-industriellen Komplex“ landen, „der uns immer neue Dinge anbietet, anpreist und in den Markt bringen will“. Eine gesunde Skepsis ist also angebracht, was Innovationen angeht. Insbesondere stimmt der Rostocker Klinikdirektor nicht ins allgemeine Digitalisierungs-Hurra ein, sondern konstatiert trocken: „Die Digitalisierung ist ja sehr auf dem Vormarsch, sie hat Vorteile, aber auch Nachteile.“ So spare die papierlose Akte etwa Geld, „weil man nicht mehr Papier­akten über 20 Jahre archivieren muss“, aber den Umgang mit den Daten macht sie „weiß Gott nicht unbedingt leichter“. Fremdbestimmung also nicht nur durch die Wirtschaft, sondern auch durch die damit verflochtene Technisierung. „Ob wir daran etwas Substanzielles ändern können, ist eine Frage, über die wir uns Gedanken machen sollten“, ruft Hakenberg die Kongressteilnehmer in seinem Grußwort auf und betont im Interview mit den Urologischen Nachrichten, „dass wir diese Entwicklung aufgreifen und selber gestalten müssen, bevor es andere für uns tun“.

(ms)