Hamburg – Rund 70 Prozent der niedergelassenen Ärzte stehen Zweitmeinungen offen gegenüber. Sie sind der Auffassung, dass Zweitmeinungen komplexe Therapieentscheidungen verbessern können. Das zeigt eine neue Umfrage im Rahmen der Reihe „Ärzte im Zukunftsmarkt Gesundheit“ der Stiftung Gesundheit.
„In der Ärzteschaft setzt sich das Verständnis durch, dass auch Spezialisten in einer hoch differenzierten und sich rasch wandelnden Welt nicht alles wissen und erkennen können“, sagte der Forschungsleiter der Stiftung, Konrad Obermann. Diese Entwicklung spreche dafür, dass sich eine konstruktive Fehlerkultur in der Medizin entwickelt habe.
An der Umfrage haben 2.833 Ärztinnen und Ärzte teilgenommen. Das entspricht einer Antwortquote von 8,2 Prozent. Fast die Hälfte der Ärzte sieht einen Bedarf für weitere Zweitmeinungsindikationen, auch über das aktuell vorgesehene Maß hinaus (45,2 Prozent).
Am häufigsten nannten sie im Rahmen der Studie das Gebiet der Orthopädie. Konkret schlugen die Ärzte vor allem Wirbelsäulen- und Bandscheibeneingriffe und den Bereich der Endoprothetik als aus ihrer Sicht sinnvolle Indikationen vor.
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Die Befragung zeigt auch, dass rund 80 Prozent der Ärzte die Voraussetzungen erfüllen, um an Zweitmeinungsverfahren mitzuwirken – und wiederum mehr als 80 Prozent von ihnen wären auch bereit, entsprechende Verträge mit Krankenversicherern abzuschließen.
„Das ist ein enormes Potenzial, denn tatsächlich sind bislang erst rund fünf Prozent in diesem Bereich aktiv“, so Obermann.
Mit dem Versorgungsstärkungsgesetz erhielten Mitte 2015 alle gesetzlich Krankenversicherten einen Rechtsanspruch auf eine unabhängige ärztliche Zweitmeinung bei ausgewählten geplanten Eingriffen. 2017 erschien eine entsprechende Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). © hil/aerzteblatt.de