ADT unter der Lupe

Leuprorelin, Kalottenmodell
Leuprorelin wird am häufigsten zur ADT eingesetzt. Grafik: molekuul.be – Fotolia.com


Eine retrospektive GKV-Versorgungsforschungsstudie, die beim 12. Nordkongress Urologie vom 21. bis 23.06.2018 in Rheinsberg vorgestellt wurde, zeigte Unterschiede bei Prostatakarzinompatienten unter initialer Behandlung mit verschiedenen GnRH-Agonisten/Antagonisten (GnRHa) zur Androgen­deprivationstherapie (ADT).
Das Team um Erstautorin Dr. Marie Christine Hupe von der Klinik für Urologie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, analysierte die anonymisierten GKV-Daten von über 70 deutschen Krankenversicherungen aus den Jahren 2010 bis 2015. (1)
Unter den 2382 Prostatakarzinompatienten, die durchschnittlich 75 Jahre alt waren, erhielt mehr als die Hälfte (56,6 %) Leuprorelin. An zweiter Stelle folgten Leuprorelin-Hybriden* mit 13,1 Prozent, dann Tripto­relin (12,9 %), Buserelin (10,2 %), Goserelin (5,0 %) und Degarelix (2,2 %).
Bemerkenswert ist, dass Patienten mit initialer Degarelix-Therapie hochsignifikant die höchste Metastasenrate zeigten (p=0,002). Insgesamt wiesen nur 30 Prozent der Patienten zu Beginn der Therapie Lymphknoten- oder Fernmetastasen auf.
Betrachtet man die Entwicklung der Komorbiditäten Hypertonie, kardiovaskuläre Erkrankungen und Diabetes über den Beobachtungszeitraum, so war beim Follow-up nach zwei Jahren bei der Hypertonie unter Agonisten ein signifikanter Anstieg (16,4 %) im Vergleich zu den Antagonisten (6,9 %; p=0,022) und Hybriden (11,6 %; p=0,006) zu verzeichnen. Bei der Zunahme kardiovaskulärenr Erkrankungen gab es keine signifikanten Unterschiede im Beobachtungszeitraum zwischen den drei Therapiegruppen (Antagonisten 45,5 %; Agonisten 40,3 %; Hybride 40,7 %), das gleiche gilt für Diabetes (Antagonisten 21,7 %; Agonisten 22,3 %; Hybride 25,0 %). Die Mortalitätsraten unterschieden sich zwar zwischen den Präparaten, die Unterschiede waren aber nicht signifikant. Insgesamt waren nach drei Jahren 23,9 Prozent aller Patienten verstorben.
Weiterhin stellten Hupe und Kollegen fest, dass etwa elf Prozent der Patienten die GnRHa nach der ersten Verordnung absetzten. Auch Therapieumstellungen gab es:17,6 Prozent der Patienten erhielten nach durchschnittlich 457 Tagen eine andere Therapie als GnRHa. Der Wechsel erfolgte besonders schnell bei Hybriden: Hier war die mittlere Zeit bis zur ersten Umstellung signifikant kürzer als bei den Agonisten (p=0,016), und zwar um 100 Tage.
(ms)
Literatur:
1. Hupe MC, Hammerer P, Ketz M et al. Retrospektive GKV-Versorgungsforschungsstudie bei Prostatakarzinom (PCa)-Patienten unter initialer Behandlung mit verschiedenen GnRH-Agonisten bzw. -Antagonisten (GnRHa): Epidemiologische und klinische Ergebnisse. 12. Nordkongress Urologie, Rheinsberg, Abstract #35
* Eine Hybridzulassung nimmt wie eine generische Zulassung auf ein Originalprodukt Bezug, jedoch sind bei der Substanz nicht alle Kriterien für ein Generikum erfüllt, sodass für die Zulassung zusätzlich präklinische und klinische Daten eingereicht werden müssen.